Vicent Partals Leitartikel "Covards" vom 29.12.17 in deutscher Sprache

Auf VilaWeb erschien am 29.12.17 ein Editorial von Vicent Partal unter der Überschrift Covards. Wie haben den katalanischen Text für dich übersetzt.

Feiglinge

„Sie haben keinen Plan mehr für sich selbst, mit Ausnahme hinter dem Borbón (dem König) Zuflucht zu suchen, hinter den Helmen und Schlagstöcken des ersten Oktobers, um erschrocken zu weinen, während sie schreien, dass es nicht sein kann”

Immer wenn es Wahlen gibt und der spanische Nationalismus besiegt wird, passiert dasselbe. Zuerst gibt es ein paar Stunden der Verwirrung. Die Apostel des Unionismus, Politiker oder Medien (was für einen Unterschied gibt es mittlerweile?) verharren in Stille bei dem Versuch zu verdauen, was passiert ist. Sie versuchen eine Theorie zu finden,  einen Winkel, der es ihnen erlaubt, weiter zu schreien, als ob es nicht geschehen wäre, als ob die Realität, die sie haben möchten, präsent wäre.

Und dann plötzlich sieht man, wie sie alle zum Angriff zurückkehren, unempfindlich gegen Entmutigung, genau wir der anomalen alte Hymne sagt, der sie so gut definiert. Sie verstecken die Enttäuschung, besiegt worden zu sein, wie wütend es sie macht, dass die, die ihre Untertanen sein müssen, in neuen Kampagnen des magischen Denkens nicht gehorchen. Und sie wiederholen noch einmal, als wären sie Zombies, dass was passiert ist, ist nicht passiert, und “wir werden euch erklären, was ihr seid…”

Diesmal ist das Ergebnis von 21-D für sie besonders hart zu verdauen, so dass die Erholung langsamer und schwerer als üblich gewesen ist. So verloren sind sie, dass für ein paar Stunden alle hektisch waren um ein Ländchen zu erfinden, zu sehen, ob wir zum Zorn neigten ohne zu erkennen, dass der Witz eigentlich sie sind und nicht wir, gesetzt vor den Spiegel des eigenen Handels.

Wenn sie es verstanden - gestern fingen sie an, es zu tun -, drehten sie sich um und dann änderten sie ihre Argumente. Sie präsentierten ein Gesicht, ein Verhalten, eine Ideologie und einen Ausdruck, die sie eines Tages vor Scham erröten lassen wird, wenn sie jemals in der Lage sind, zu erkennen, was sie tun. Nehmen wir an, dass wenn es passiert, ihnen noch etwas Scham bleibt.

Das befestigte Argument von gestern ist wieder die brutale Kraft - das einzige, was ihnen in Wirklichkeit übrig bleibt. An den Wahlurnen niedergeschlagen, die Apostel des Unionismus, politisch oder mediatisch (was für einen Unterschied gibt es mittlerweile?), ziehen die Maske aus, der institutionalisierten Gewalt angeklammert, das einzige Argument, wenn es überhaupt ein Argument ist, das ihnen bleibt. Und so berufen sie sich nicht auf einen hypothetischen demokratischen Sieg, nicht mal im unordentlichen Archipel, das sie für ihr fiktives Ländchen ausgeben.

Nun rufen sie jetzt Gewalt und Unterdrückung aus. Sie rufen wieder die Gewalt und die Unterdrückung aus. Unverschämt. Puigdemont sollte zurückkehren, wir werden ihn schon einsperren. Junqueras sollte da bleiben, wo er ist, gut eingesperrt für eine lange Zeit! Forcadell? Sofort ins Gefängnis, wenn sie sich eine Sekunde von der markierten Linie entfernt und sie dem Parlament erlaubt, als Parlament zu dienen! Artadi? Artadi ist gefährlich! Sofort sie gerichtlich verfolgen! Und Marta Rovira? Die muss nach girona (* Wortspiel Girona / chirona = Gefägnis) gebracht werden! (kleingeschrieben, es sei denn ...)

Als Bürger, in den letzten Stunden manche dieser Leute gesehen zu haben, wie sie ganz offen die Repression fordern, man würde sagen, sogar mit Freude, und alles, während sie denken, dass sie uns Lektionen angeblichen Realismus erteilen können, erzeugt in mir ein Gefühl von unendlichem Leid. Leid für sie. Weil ihre Verzweiflung sie dazu führt, den letzten Rest der menschlichen Würde zu verlieren.

Und man muss sehr elend sein, zu sagen, dass die Unabhängigkeitsbefürworter jetzt  einen angeblichen politischen Realismus probieren müssen, was bedeuten würde, dass weder Puigdemont noch Junqueras Präsident sein können, weil ihr Schicksal ist, eingesperrt und gefangen zu bleiben. Habe das Volk gewählt oder nicht. Sei ihre Verhaftung fair oder nicht. Sei die Anklage gegen sie wahr oder nicht. Sei es ein Schritt in die richtige Richtung oder nicht. Sei es von Vorteil für die Gesellschaft, der sie sagen zu dienen oder nicht.

Eigentlich sind diese Apostel des Unionismus, politisch oder mediatisch (was für einen Unterschied gibt es mittlerweile?) nur ein paar arme Feiglinge, die von den eigenen Bürgern abgelehnt werden, die weder sie lesen noch sie wählen oder respektieren, die sich mit Angst hinter den Schilden von 155 verstecken, hinter dem politischen Sadismus der spanischen Regierung, hinter der institutionellen Gewalt durch den Monarchen gefördert.

Sie haben keinen Plan mehr für sich selbst, mit Ausnahme hinter dem Borbón (dem König) Zuflucht zu suchen, hinter den Helmen und Schlagstöcken des ersten Oktobers, um erschrocken zu weinen, während sie schreien, dass es nicht sein kann, dass es nicht möglich sei, dass ihr Kaviar-Universum zügig untergeht, nachdem dies jahrzehntelang so gut funktioniert hat und ihnen so ein schönes Leben erlaubt hat.
Und es ist dann, wenn sie nachdenken, dass sie plötzlich und ohne jegliches schlechtes Gewissen die Demokratie beschimpfen, die Volksabstimmung, die Wahlen, den Volkswillen, alles mit dem sie sich den Mund voll gemacht haben, während wir alle in in ihrem Interesse abstimmten, und nicht die Drohung bildeten, die wir jetzt tatsächlich sind. Und ihre Maske fällt auf den Boden ganz laut.


übersetzt aus dem Katalanischen von Cristina Pulido und [k]

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